Muskeltraining wichtig wie Zähneputzen!


Der Focus bringt es wieder mal auf den Tisch:

Hier ein paar Auszüge, warum Wissenschaftler dringend Kraftraining empfehlen!

Erst Kraft macht gesund

Die Forschung der vergangenen Jahre zeigt: Muskeln sind weit mehr als nur Befehlsempfänger, faserige Mittel zum Zweck, tumbe Arbeitstiere im Dienst von Organen, Gelenken und Knochen. Die Wissenschaftler haben mehrere Hundert Botenstoffe entdeckt, die von muskulärer Tätigkeit angeregt werden. Sie reisen über die Blutbahnen in alle Ecken und Enden des Körpers. Ein großer Teil dieser Stoffe bewirkt Gutes, hält oder macht gesund, fördert das Denk-vermögen und das Wohlbefinden.

Altert der Mensch und verliert er dabei allzu schnell an körperlicher Kraft, versiegt dieser Nachschub an Neurotransmittern. Nicht nur dem Gehirn fehlen sie dann. Muskelmänner und -frauen mögen in mancher Hinsicht ein Imageproblem haben. Sieht man von den nebenwirkungsreichen Substanzen ab, die einige von ihnen zu sich nehmen, sind Stemmen, Drücken, Heben und all die anderen Übungen aber ziemlich schlau. Erst Kraft macht gesund!

Ab 40 den Muskelabbau bekämpfen!
Ärzte raten, die Muskeln in keiner Phase des Lebens zu vernachlässigen. Zwar hat jeder Körper seine genetischen Vorgaben. Doch unser Erbgut lässt uns gerade auf diesem Gebiet viel Spielraum zur eigenen Ausgestaltung. Muskeln können enorm wachsen. Das weiß man spätes-tens seit Arnold Schwar-zenegger. Die Zeitspanne, in der Muskelaufbau leichtfällt und wie schon beim Baby fast nebenher passiert, ist allerdings begrenzt. Mit 30, 40 Jahren überschreitet Homo sapiens den Zenit seiner Kraft. Danach verliert er jährlich ein bis zwei Prozent an Muskelmasse, in höherem Alter manchmal doppelt so viel.

Es gilt, die „körpereigene Pharmafabrik“, wie der Kölner Sportmediziner Wilhelm Bloch unsere Muskeln nennt, möglichst gut in Schuss zu halten. Mit ein paar lockeren Joggingrunden im Park gelingt das nicht. Die fördern vielleicht die Durchblutung, aber können den Schwund nicht stoppen!

Die Wissenschaftler sehen das Krafttraining als medizinische Notwendigkeit
Einen tröstlichen Vorteil gegenüber den Ausdauersportarten hat die Ertüchtigung: Sie nimmt meist nicht so viel Zeit in Anspruch. Bis zu einem gewissen Punkt wachsen Muskeln recht rasch, auch im Alter können sie noch an Umfang zulegen. Und ein paar Liegestütze, Kniebeugen, Sit-ups und Klimmzüge lassen sich in fast jeden Tagesablauf einbauen.Ein Arzt, der die verjüngende Wirkung von Muskeln Tag für Tag an seinen Patienten beobachtet, ist Cornel Sieber. Der Schweizer Mediziner arbeitet im Kantonsspital Winterthur und leitet an der Universität Erlangen-Nürnberg das Institut für Biomedizin des Alterns. Er erlebt 90-jährige Stabhochspringerinnen ebenso wie ausgelaugte Mittfünfziger, die früh zu vergreisen drohen.

Die häufige Geschichtedes Verfalls geht so:
Ein bewegungsarmer und kalorienreicher Alltag führt den Organismus im Laufe der Jahre in den Status des metabolischen Syndroms. Zu diesem Bukett von Symptomen zählen Übergewicht, Bluthochdruck sowie un-günstige Fett- und Zucker-werte. Das Syndrom gilt als Vorstufe zu Krankheiten wie Diabetes oder Arteriosklerose.

Sie belasten Herz und Kreislauf und lassen auch das Gehirn früher altern. Patienten mit metaboli-schem Syndrom sind häufig auffallend schwach. Die Greifkraft der Hände gilt als ein zuverlässiges Maß dafür.

Sarkopenie nennen Experten den Verlust an Muskelmasse. Sie ist Siebers Spezialgebiet. In ihrer „primären“ Form sei sie als Teil des Alterungsprozesses unabwendbar. Die „sekundäre Sarkopenie“ aber, der beschleunigte Muskel-abbau, lasse sich sehr wohl bekämpfen.


Gut sei es selbstverständlich, jede Gelegenheit zur Bewegung wahrzunehmen – Treppen zu steigen, anstatt Aufzug und Rolltreppe zu benutzen, in der Mittagspause einen Spaziergang zu machen, die letzten zwei Busstationen auf dem Weg von der Arbeit zu Fuß zu gehen, sich einen Hund zuzu-legen. Jedoch, so Sieber: „All das ist schön und gut für Herz und Kreislauf und stärkt bis zu einem gewissen Grad auch die untere Muskulatur, aber auch um den Oberkörper müssen wir uns küm-mern.“

Wichtig sei Krafttraining,
„wenigstens dreimal pro Woche jeweils eine halbe Stunde“. Die Wissenschaft versteht Muskelarbeit als Jungbrunnen für den ganzen Körper.

Die Dänin Bente Klarlund Pedersen treibt diese Forschung entscheidend voran. Sie leitet an der Universität Kopenhagen ein Zentrum für Entzündungen und Stoffwechsel und ist die Pionierin der Erforschung jener Botenstoffe, die biochemische Verbindungen zwischen Muskeln und zahlreichen Organen herstellen.

Pedersen bezeichnet die Gesamtheit der willentlich aktivierbaren Skelettmuskeln als „endokrines Organ“. Ähnlich wie Drüsen, die Hormone produzieren, erzeugen Muskeln ihren Erkenntnissen zufolge Botenstoffe, genannt Myokine (Mys ist das altgriechische Wort für Muskel). Das geschehe bei jeder Kontraktion. Pedersens Arbeiten, mit denen sie vor rund 20 Jahren begann, wurden von Fach kollegen an-fangs kontrovers diskutiert. Vor allem aber regte sie weltweit viele andere Forschergruppen an. Mittlerweile sind Hunderte von Myokinen bekannt.  Signale vom Muskel ins Gehirn. Die Botenstoffe kommunizieren mit Organen wie der Leber, der Bauchspeicheldrüse und dem Gehirn. Auch fördern sie den Fettstoffwechsel. Auf diese Weise scheint Muskelarbeit vor Altersdiabetes und chronischer Atemwegsverengung zu schützen und, über den Einfluss der Myokine auf das Immunsystem, auch vor einigen Arten von Krebs.Kraftsport regt unter anderem zur Bil-dung folgender Stoffe an:•


Ein wenig Joggen reicht nicht!
Vier von zehn Deutschen haben seit Beginn der Pandemie Gewicht zugelegt, im Durchschnitt 5,6 Kilogramm. Zeit für die Pfundes-Notbremse!

Zweieinhalb Stunden und mehr
Macht Sport schlank? Die Frage beant-worten Stoffwechselexperten mittlerweile tendenziell so: Es sei nicht leicht, sich Fett abzutrainieren, aber Bewegung gehöre neben gesundem Essen dazu. Die Weltge-sundheitsorganisation (WHO) empfiehlt in ihren Leitlinien von 2020 ein Pensum von 150 bis 300 Minuten Ausdauerbelastung pro Woche, also zum Beispiel zügiges Gehen oder 75 bis 150 Minuten intensivere Bewe-gung, etwa ambitioniertes Joggen plus Krafttraining.

An zwei Tagen pro Woche sollte auch jeder Zivilisationsgeplagte laut WHO die großen Muskelgruppen wie Rücken, Gesäß und Oberschenkel stärken. „Muskeln“, sagt die Münchner Sportmedi-zinerin Renate Oberhoffer-Fritz, „sind Beschleuniger fürs Kalorienverbrennen.“